Zur DAF-Seite

 

Knacken an der Hinterachse DAF 44/55

Unterhält man sich mit Fahrern eines DAF 44 oder 55, so kommt die Rede fast unweigerlich irgendwann auf ein mysteriöses "Knacken" an der Hinterachse, das normalerweise beim Rangieren auftritt.
Nun kann ein Knacken zwar beliebige Ursachen haben, bei den DAF 44/55 ist es aber meistens auf die Ursache zurückzuführen, die im Service Bulletin E. 6-008 genannt wird.

Das Geräusch wird hier durch eine schlagartige Bewegung der durch die Zentrumsmutter vorgespannten Bremstrommel in der Axialverzahnung der Steckachse hervorgerufen.

Anmerkung: Dies kann zwar bauartbedingt auch beim DAF 33 auftreten, allerdings ist mir - vermutlich aufgrund der geringeren Antriebsleistung - bisher kein Fall "zu Ohren gekommen".

Falls Ihnen ein solches Knacken nun bekannt vorkommt, so sollten Sie keine Zeit verlieren, um das Übel abzustellen! Die Axialverzahnung von Bremstrommel und Steckachse leiert nämlich zunehmend aus und wird schließlich zerstört.


Typischer Verlauf / Symptome:

  1. Knacken beim Rangieren
  2. Kein Knacken mehr beim Rangieren, das Problem scheint verschwunden zu sein (die Verbindung Bremstrommel-Steckachse hat in diesem Stadium bereits so viel Spiel, dass sich Trommel und Achse frei bewegen können).
  3. Dröhnen von der Hinterachse beim Fahren im Bereich zwischen Schub und Zug, z.B. bei ca. 80 km/h auf ebener Strecke mit sehr wenig Gas. Gibt man mehr Gas oder geht völlig vom Gas, so hört das Dröhnen auf, da der Antriebsstrang dann tangential wieder vorgespannt ist.
  4. Knacken bei Schrittgeschwindigkeit, Quietschen bei Tempo 30, Verdacht auf ein völlig zerstörtes Radlager.

Demontiert man das betroffene Hinterrad, so stellt man fest, dass die Trommel auf der Steckachse in erheblichem Maße verdrehbar ist (spätestens nach Entfernen der Zentrumsmutter manuell feststellbar). Dieses Spiel darf natürlich nicht mit dem Spiel der Zahnräder im Getriebe verwechselt werden. Im folgenden Bild zeigen die weißen Striche an, dass das Verdrehspiel der Trommel auf der Steckachse fast 2 cm betrug:


Das nächste Bild zeigt die zerstörte Innenverzahnung der Bremstrommel:


Abhilfe

Das Service-Bulletin nennt "Loctite B mit Activator Q". Leider weiß bei der Klebstoffberatung der Firma Henkel heute niemand mehr, um was es sich dabei gehandelt haben könnte. Das Service-Bulletin 44/55 E.0-018 vom Juli 1973 ersetzt generell die bisherige Sicherungsflüssigkeit durch Loctite 241 (entspricht heute 243). Allerdings ist die Fähigkeit zur Spaltüberbrückung bei einer solchen Schraubensicherung nicht sehr ausgeprägt.

Im hier vorgestellten Fall habe ich Loctite 668 ausprobiert, das zum Fixieren von Welle-Nabe-Verbindungen vorgesehen ist und aufgrund seiner pastösen Konsistenz auch dick auftragbar ist. Das Datenblatt finden Sie über den Produktnamen leicht im Internet. Die Steckachse wurde weiterverwendet, aber eine neue Bremstrommel eingebaut.

Um das vorgeschriebene Anzugsdrehmoment für die Zentrumsmutter sicher zu erreichen, wurden ein ca. 1 m langes Rohr und eine Federwaage verwendet.

Das Anzugsdrehmoment ist in alten Versionen (z.B. 1968) des Werkstättenhandbuchs des DAF 44 übrigens zu niedrig angegeben und muss gemäß Service Bulletin E. 6-003 geändert werden in: 210...290 Nm.

Im Anschluss waren die oben beschriebenen Symptome verschwunden, nach einiger Zeit begann die Hinterachse jedoch wieder zu knacken. Beim Zerlegen zeigte sich, dass das anaerobe Loctite in den sehr großen Spalten auf der betroffenen Seite nicht ausgehärtet war. Auf der anderen Seite war es dagegen perfekt ausgehärtet.
Anmerkung: Bei geklebter Nabe ist normalerweise ein Bremstrommel-Abzieher erforderlich.

Ich habe nun im zweiten Anlauf erneut Loctite 668 aufgetragen und die Trommel exakt axial aufgeschoben. Dabei darf man die Trommel in Bezug auf die Achse nicht das kleinste Bisschen verdrehen, da dann das weiche Loctite aus den Spalten gedrückt wird und anschließend aufgrund des dann möglichen Sauerstoffzutritts nicht mehr aushärten kann!
Die Spalte müssen also fast vollständig gefüllt sein. Vermutlich ist zusätzlich die Verwendung eines Aktivators zu empfehlen, da dieser laut Produktdatenblatt die Überbrückung größerer Spalte ermöglicht.

Seit diesem zweiten Anlauf ist nun Ruhe an der Hinterachse!

Wichtig ist in jedem Fall das Drehmoment an der Zentrumsmutter. Viele Schrauber drehen diese Mutter nur "gut fest", liegen damit aber weit unter dem vorgeschriebenen Drehmoment!

TIPP: Zum Festhalten der Bremstrommel (z.B. wenn der Untergrund sehr rutschig ist) eignet sich bestens ein selbstgebauter Bremstrommel-Festhalter aus dem inneren Teil einer Felge, auf den man eine Muffe aufschweißt:

© 2010 Chr. Merten